Hans Lang
Dort, wo du auf der Landegger Hauptstraße in Richtung Eisenstadt abbiegen kannst, stand - auch schon weit vor meinen Kinderjahren - ein Gasthaus. Ich selbst kann mich ja “nur mehr” an die Nemeth Rosa erinnern, wenngleich vielen - mangels bereits erreichtem Lebensalters - selbst diese Erinnerung verwehrt bleibt.
Zwei Jahre bevor man die 19 an den ersten beiden Stellen der Jahreszahl schrieb, brachte Marie, die Angetraute von Hans Lang, einen Sohn zur Welt. Er trug ebenfalls den Vornamen Hans und sollte das einzige Kind der beiden bleiben. Klein Hansi`s Mama war eine geborene Hackstock und entstammte einer Gutsbesitzerfamilie im damals ungarischen Ort Kishöflaný (Kleinhöflein), der heute ein Ortsteil von Eisenstadt ist. Der, seit der Geburt vom Filius, zum Senior-Hans mutierte Vater war ein gestandener Landegger und der stolze Besitzer des Gasthauses Ecke Hauptstraße/Eisenstädter Straße.
Bald entdeckte der Landegger Bua, dass er im Umgang mit dem Bleistift, der Feder und auf dem Gebiet der Aquarellmalerei eine nicht jedem gegebene, außergewöhnliche Gabe besaß. Noch bevor er das Gymnasium in Wr. Neustadt abgeschlossen hatte, meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger, absolvierte anschließend eine Kriegsmatura an der Theresianischen Militärakademie und wurde im ersten Weltkrieg in Russland und Italien eingesetzt, wo er das “Erlebte” in seinem “Skizzenbuch” - das kannst du dir übrigens im Rollettmuseum in Baden ansehen - zu Papier brachte.
Hans Lang - dem eine immense Schaffenskraft nachgesagt wurde - war sehr vielseitig tätig. So zeichnete er unter anderem für den zehnbändigen Propyläenlexikon von Brockhaus - für die jüngeren Leser: das waren die Vorfahren von Google - für nahezu sämtliche Texte und Illustrationen in den Bereichen Zoologie, Botanik und Medizin verantwortlich. Er illustrierte unzählige Kinderbücher, darunter “Die Schneckenpost", die damals mit mehreren Zehntausend Stück Auflage ein absoluter Bestseller war. Als 1936 die “Wissenskiste”, das weltweit erste Jugendlexikon in Druck ging, hatte Hans Lang sämtliche Texte verfasst und die Illustrationen angefertigt.
Der Künstler bevorzugte Pergament als Malgrund. Seine Grafiken, Malereien und Aquarelle sind mit äußerster Detailgenauigkeit realistisch nach ihren natürlichen Vorbildern gearbeitet. Er hatte eine Passion für Motive aus Flora und Fauna sowie für Märchen-Motive. Der Verbleib einer Vielzahl von seinen Bildern ist ungeklärt. Ein Teil seines Nachlasses befindet sich im Rollettmuseum Baden, das Aquerell-Bild “Toter Vogel” - von 1924 - ist im Besitz der Wiener Albertina, die weltweit eine der größten und bedeutendsten grafischen Sammlungen beherbergt.
Der Bua vom Landegger Wirt`n starb 1971 in Innsbruck. Als äußeres Zeichen seiner Liebe und Verbundenheit zu seinem Geburtsort, zierte die Fassade seines Innsbrucker Hauses eine Kopie der mittelalterlichen Wandmalerei eines der beiden Engel aus der Pottendorfer Schlosskapelle.
Fotos: Ricki Baumgartner, Archiv Gernot Blümel