
Kalvarienbergfiguren
Ölbergstation
"Vor dem Umbau des früher dem Meßner und Schneidermeister Johann
Füssl gehörenden Hauses in der Bahnstraße 2 befand sich dortselbst
eine Kapelle mit der Ölbergstation. Nach dem Umbau d. Hauses, verschwand
die Kapelle und wanderten die Statuen in die sogenannte Wachskammer
wo sie Jahre lang unbeachtet in drübesten Zustande liegen geblieben sind.
Die verstorbene Doktorswitwe Anna Dworschak trug sich mit dem Vorhaben
die Ölbergstation zu resuszitieren und übertrug ihrer Nichte Frau Irma
Silberzahn unter Einhändigung des Betrages v. 359 K die Ausführung ihres
Planes. Von der Firma Robert Hanel in St. Pölten wurde nun die
Ölberggruppe meisterhaft restauriert – u. hierfür 200 K bezahlt. Der
Rest erliegt in d. hiesigen Sparkasse. Die Ölbergstation wurde provisorisch in
der Kirche aufgestellt und harrt eines entsprechenden Definitivums.
Nach Restaurierung der Kirche 1914 wurde die Ölberggruppe über dem Eingang
auf dem Windfangkasten gestellt.
Vielleicht findet sich einmal nach Jahren ein Wohltäter, der für die dieses schöne Stück eine Kapelle baut, wie es der Wunsch der sel. Frau Dworschak war."
Text: Pfarrer Ludwig Petschner (Pfarrchronik)
Badener Volksblatt vom 31. I. 1931
Verwüstete Leidensstationen
Von Pfarrer Leopold Schmid, Pottendorf
Wenn man von Pottendorf nach Landegg geht, sieht
man an dem Grenzmauerpfeiler der Apotheker Waßler=Villa
„Theresienheim“ gegen das Jugendheim, den Platz
wo vor einigen Jahren noch ein kleines Bild mit der
„Geißelung Christi“ zu sehen war, heute aber eine rohe
Zeichnung von schmutziger Hand und noch schmutzigerem
Geiste steht. Soll das ein Zeichen sein, dass dort Menschenvieh
Sich weidet, wo Christus selbst im Bild vertrieben
wurde, ein Zeichen vom roten Paradies auf Erden? Das
soll es nicht sein, aber es ist doch ein Warnungszeichen,
Pottendorf!
Dieser Anschauungsbericht hat seine Fortsetzung
an der in der ursprünglichen Form erhaltenen Leidensstation
„Jesu Dornenkrönung“ bei der neuen „modernsten
und schönsten Schule Österreichs“ gefunden. Als der letzte
Novembersturm das kleine Dach von der Stationskapelle
abgetragen und das Gitter umgeworfen hatte, da fanden
sich ruchlose Hände, die das Bild einfach herausschnitten,
und weil sie schon am grausamen Werke Lust hatten, sich
einfach über die noch gut erhaltene vierte Station „Kreuztragung“
bei der Eisenbahnstation vandalisch heranmachten.
Zu Pottendorf ist das gar nicht merkwürdig, erscheint
es überhaupt nicht beachtenswert. Ja, es scheint, dass man
sich im Stillen freut, wenn nun diese ohnehin zuwideren
Zeichen Christi also verschwinden müssen, da sie so nicht
mehr wiederhergestellt werden können.
Diese „Passionsstationen“ wie sie von Pfarrer Zisser
in seinem Pfarrprotokoll vom Jahre 1772 bezeichnet werden,
sind im Jahre 1650 von Frau Regina Berchtold mit der
Landegger Kirche erbaut worden. Damals war noch die alte
Pfarrkirche, die hinter der alten Schlossfestungsmauer, im
nunmehrigen Schlosspark, hinter dem derzeitigen Eiskeller stand.
In seinem Kirchenhofe war die vorerste Station „Das letzte
Abendmahl“ darstellend, die aber beim Neubau der jetzigen
Pfarrkirche (1714 bis 1717) und mit dem Abbruch der früheren Kirche
auch abgetragen wurde. Dass die Abendmahlstation also bei der alten
Pfarrkirche dem Ort der ständigen Abendmahlserneuerung errichtet
worden ist, zeigt von dem tiefen Denken unserer Altvorderen.
Die Leidensstationen, die auf dem Wege von der
Pottendorfer Pfarrkirche zur Landegger Filialkirche errichtet
worden sind, waren einfach die Darstellung der fünf Geheimnisse
des „Schmerzhaften Rosenkranzes“.
Die erste Station: „Jesus der für uns Blut geschwitzt hat“, war an
der Straßenecke Pottendorf-Ebenfurth-Landegg in dem jetzt noch
der Gemeinde Pottendorf gehörigen Vorgarten vor dem Hause
des Herrn Johann Füssl, Schneidermeister und Mesner hier.
Diese Station war wohl die Schönste, ein Werk der alten
Bildschnittkunst, sie ist noch über den Windfang des Haupteinganges
unserer Pfarrkirche zu sehen. Es ist nur schade, dass sie so hoch oben schwer zu sehen, aber noch schwerer sonst wo besser
unterzubringen ist. Vielleicht finde ich noch einen billigeren
Ausweg in der Pfarrkirche.
Es sei noch hinzugefügt, dass nun auch die 4. Station bei
der Bahn dem Vandalismus zum Opfer gefallen ist,
ohne dass sich die Aufsichtsorgane darum bemüht hätten,
der wilden Sache auf die Spur zu kommen. Das wäre
keine freundliche Aussicht, wenn man auf diese Leitungen
der Gesellschaft völlig angewiesen wäre.
Die Ölbergstation wurde im Laufe des Sommers im linken
unausgebauten Aufgangsschacht unter der Uhr aufgestellt.
Gegen Ende des Jahres hat ein herunterfallendes
Uhrengewicht (Seil ist gerissen) die Jesusfigur etwas beschädigt.
Der Schaden wurde ausgebessert und die Zwischendecke verstärkt.
Die Gemeinde hat neue Seile für die Gewichte angeschafft, da ja die
Turmuhr ihr Eigentum ist.