Die Grabplatten der Schlosskapelle
19 kunstvoll gefertigte Grabdenkmäler aus rotem Marmor befanden sich ursprünglich im Hauptschiff der Pottendorfer Schlosskapelle. Ein Kindergrabstein der Tochter des Hans Friedrich von Zinzendorf-Pottendorf war aufgrund seines geringen Gewichts bereits im Jahr 1944 fortgeschleppt worden. Die verbliebenen 18 Stück verbrachten die folgenden 20 Jahre unter freiem Himmel, bedeckt vom Schutt der durch einen Bombentreffer eingestürzten Gewölbe und überwuchert von Pflanzen und Gestrüpp. Mit der Instandsetzung und Neueindeckung der Kapelle im Jahr 1967/68 nahm sich Graf Manfred Schönborn, Schwiegersohn des ehemaligen Besitzers und Patronatsherrn Prinz Laszlo Esterházy, der Grabplatten an: Neue Fundamente wurden gegossen und jeder Stein fest an einer der Wände verankert. Die Denkmäler schienen gerettet. Als jedoch eine Finanzierung weiterer Renovierungsarbeiten am Schlossgebäude nicht zustande kam, verfiel die Schlossinsel schrittweise wieder in einen Dornröschenschlaf - den Plünderern und Vandalen standen Tür und Tor offen - und wo man keinen Zugang fand, verschaffte man sich gewaltsam Zutritt. Während die einen in der Gruft nach Relikten wühlten, rissen andere die massiven Grabsteine aus ihren Verankerungen (1987/88), um sie anschließend zu zerschmettern und sich handliche Souvenirs mit nach Hause zu nehmen.
Schließlich veranlasste die Gemeinde im Februar 1988 eine Bergung der gefährdeten Denkmäler und deponierte diese im nahen Pfarrhofgarten. Der erste Augenschein war eher ernüchternd: Fünf Platten waren zerbrochen bzw. schwer beschädigt, zwei weitere waren scheinbar von Dieben entwendet worden. Das imposante Standbild eines stehenden Ritters, neben der gestohlenen Platte der Eleonore von Königsberg die zwei einzigen Stücke in figuraler Ausgestaltung, war in viele Einzelteile zerbrochen worden, das Gesicht hatte man gestohlen. Was den Vandalen entging, wurde durch inkompetentes Handeln beschädigt: Die Marktgemeinde Kirchschlag durfte die Grabplatte des letzten Vertreters aus dem Geschlecht der Pottendorfer, Friedrich, bereits am 4. 6. 1986 bergen. Da man jedoch nicht darauf vorbereitet war, die schwere Platte über den versumpften Wassergraben der Schlossinsel zu transportieren, schlug man das Denkmal vor Ort in zwei handliche Teile, um es anschließend in Kirchberg wieder zu restaurieren. In der Schlosskapelle steht heute eine Kopie dieses Stücks - das Original befindet sich immer noch in Kirchberg.
Fotos: Archiv Gernot Blümel