Drei Bücher über unsere Ortsgeschichte

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G´SCHNEIZT UND G´KAMPELT

Fronleichnam in der Großgemeinde

Ja, so passte das: die kurze dunkle Hose über den Bauchnabel gezogen, die halbhohen - an den Knöcheln schmerzhaft wetzenden - hellen Schuhe über die Kniestrümpfe - im Volksmund auch Stutzen genannt - gezogen, das viel zu große, langärmelige Hemd halb in die Hose gestrickt und sowas ähnliches wie ein "Mascherl" - den Hals einschnürend - gebunden und einen Blick aufgesetzt, als ob du dich wohlfühlen würdest. Schuhe und Stutzen wurden anscheinend im Doppelpack erworben, um auch meiner Schwester das selbe Outfit vom Straßenkontakt bis zu den Knien zu verpassen. knapp über den Knien begann das weiße Kleid, darüber ein selbstgestricktes weißes Westerl, am Kopf ein eingeflochtener Blumenkranz und in der Hand ein Körberl voll mit bunten Blumenblütenblättern. Bevor du das Haus - natürlich an der Hand der Mama - verlassen hast wurde aus Mamas Handtasche noch ein riesengroßes Taschentuch - umgangssprachlich "Schneiztiachl" genannt - hervorgezaubert und abwechselnd damit die Nase geputzt. Wenn man uns viel vorwerfen kann, aber heikel waren wir wirklich nicht. Abgesehen davon blieb ja alles in der Familie. Am Ende der Prozedur mit dem Kamm durch das Haar gefahren und schon hieß es: "Alle G´schneitzt und G`kampelt? Dann können wir auf den Umgang gehen".
Der Umgang heißt in Wirklichkeit Fronleichnam, auch Kranzltag, Blutstag oder Sakramentstag und ist bei uns nicht nur ein Hochfest des katholischen Kirchenjahrs, sondern auch ein gesetzlicher Feiertag. Dieser wird immer am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest begangen, wodurch er zwischen dem 21. Mai und dem 24. Juni stattfinden kann. Sprachlich orientiert sich der Feiertag Fronleichnam am lateinischen „corpus christi“, und wurde in der mittelhochdeutschen Sprache mit vrôn (des Herrn) lîcham (Leib) übersetzt. Hieraus lässt sich bereits ableiten, was zu Fronleichnam gefeiert wird: die leibliche Gegenwart Jesu Christi durch das Sakrament der Eucharistie nach dem Vorbild des letzten Abendmahls. Durch den Ort gezogen wird bereits seit dem Jahr 1264, als Papst Urban IV Fronleichnam in den Status eines Feiertages für die Gesamtkirche erhoben hat.
Auch in unserer Großgemeinde wird das Fest gebührend gefeiert. An unterschiedlichen Plätzen werden in allen Ortsteilen liebevoll "Blumenteppiche" gestaltet und auf der Prozessionsroute Blütenblätter gestreut. Im Mittelpunkt steht die vom jeweiligen Prister getragene Monstranz, in der der Leib Christi sdurch den Ort getragen wird.

Fotos: Familie Alfred Eder, DI Heinz Hamp, Archiv Gernot Blümel

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Don Camillo und Peppone

Gerade erst ein Jahr zuvor seinen Dienst angetreten, hatte Pfarrer Albertus Waldecker im Herbst 1692 bereits allen Grund sich bei der Diözese über die Vorkommnisse in seiner neuer Pfarre zu beschweren.

Der hiesige Schlossverwalter, Johann Andrä Remer, verweigert ihm die Schlüssel zur Schlosskapelle auszuhändigen. Nicht nur dass er an hohen Feiertagen nicht einmal einen sauberen Kelch hervorgibt, so lässt er einfach fremde Priester in der Kapelle die Messe lesen.

Trotz Ermahnung hat ihm der garstige Verwalter 2 Monate später immer noch nicht die Schlüssel gegeben, „sondern hat mir durch den Schulmeister sagen lassen, es sei lauter Lügerei und das Consistorium hätte ihm nichts zu befehlen“
Skandalöser Weise geht Remer mitsamt seinen Untergebenen nicht mal mehr in die heilige Messe.
Nun wird es persönlich.
Es sei zwar nicht seine Aufgabe als Priester, die kläglichen Fehler des Verwalters
aufzuzeigen, aber seine ökonomische Administration ist ein Verderben für die Pottendorfer Untertanen und zu keinem Nutzen für den Kaiser.
Die, von den Türken zerstörte, Landegger Kirche liegt immer noch teils in Trümmern und Remer
hatte es bislang nicht geschafft diese mit den dafür vorgesehenen Stiftungsgeldern, wieder instand zu setzen.

Viele Briefe und Schreiben später muss eine Kommission aus Wien nach Pottendorf entsandt werden um die Vorkommnisse zu überprüfen. Der zuständige Kommissar kommt nicht darum eines anzumerken:

Verwalter und Hochwürden können nicht miteinander.
Müssen sie aber leider. Und nach einer saftigen Abmahnung legen sie ihre Differenzen – wenigstens für ein paar Jahre – zur Seite.

Fotos: Nachlass Szoldatits, Archiv Gernot Blümel

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Die Grabplatten der Schlosskapelle

19 kunstvoll gefertigte Grabdenkmäler aus rotem Marmor befanden sich ursprünglich im Hauptschiff der Pottendorfer Schlosskapelle. Ein Kindergrabstein der Tochter des Hans Friedrich von Zinzendorf-Pottendorf war aufgrund seines geringen Gewichts bereits im Jahr 1944 fortgeschleppt worden. Die verbliebenen 18 Stück verbrachten die folgenden 20 Jahre unter freiem Himmel, bedeckt vom Schutt der durch einen Bombentreffer eingestürzten Gewölbe und überwuchert von Pflanzen und Gestrüpp. Mit der Instandsetzung und Neueindeckung der Kapelle im Jahr 1967/68 nahm sich Graf Manfred Schönborn, Schwiegersohn des ehemaligen Besitzers und Patronatsherrn Prinz Laszlo Esterházy, der Grabplatten an: Neue Fundamente wurden gegossen und jeder Stein fest an einer der Wände verankert. Die Denkmäler schienen gerettet. Als jedoch eine Finanzierung weiterer Renovierungsarbeiten am Schlossgebäude nicht zustande kam, verfiel die Schlossinsel schrittweise wieder in einen Dornröschenschlaf - den Plünderern und Vandalen standen Tür und Tor offen - und wo man keinen Zugang fand, verschaffte man sich gewaltsam Zutritt. Während die einen in der Gruft nach Relikten wühlten, rissen andere die massiven Grabsteine aus ihren Verankerungen (1987/88), um sie anschließend zu zerschmettern und sich handliche Souvenirs mit nach Hause zu nehmen.

Schließlich veranlasste die Gemeinde im Februar 1988 eine Bergung der gefährdeten Denkmäler und deponierte diese im nahen Pfarrhofgarten. Der erste Augenschein war eher ernüchternd: Fünf Platten waren zerbrochen bzw. schwer beschädigt, zwei weitere waren scheinbar von Dieben entwendet worden. Das imposante Standbild eines stehenden Ritters, neben der gestohlenen Platte der Eleonore von Königsberg die zwei einzigen Stücke in figuraler Ausgestaltung, war in viele Einzelteile zerbrochen worden, das Gesicht hatte man gestohlen. Was den Vandalen entging, wurde durch inkompetentes Handeln beschädigt: Die Marktgemeinde Kirchschlag durfte die Grabplatte des letzten Vertreters aus dem Geschlecht der Pottendorfer, Friedrich, bereits am 4. 6. 1986 bergen. Da man jedoch nicht darauf vorbereitet war, die schwere Platte über den versumpften Wassergraben der Schlossinsel zu transportieren, schlug man das Denkmal vor Ort in zwei handliche Teile, um es anschließend in Kirchberg wieder zu restaurieren. In der Schlosskapelle steht heute eine Kopie dieses Stücks - das Original befindet sich immer noch in Kirchberg.

 

Fotos: Archiv Gernot Blümel

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Aus der Geschichte von Pottendorf=Landegg

Heimkehr

von Fritz Sitte
(Pfarrblatt 1938, gekürzte Fassung)

 

Mir ging es schon Jahre hindurch so. Im wachen Träumen wanderte ich in die Heimat zurück und je länger ich in der Fremde war, umso verklärter tauchte sie vor mir auf.
Wie sah ich Pottendorf in meiner Jugendzeit? Ein weltvergessener Marktflecken an einer Seitenlinie der Südbahn und ich ärgerte mich immer über die winzige Lokomotive mit dem riesigen Schlot, die nie mehr als vier Wagen zog. Breit angelegte Straßen mit Baumreihen, durch die dreimal am Tage ein einspänniger Postwagen klingelte. Diese Eintönigkeit wurde nur selten unterbrochen, wenn Fürst Esterhazy in einer Equipage, die von vier Prachtschimmeln gezogen wurde, von seinem Schlosse zum Bahnhofe oder zur Jagd fuhr. Sonst geschah nichts.

Es zog mich hinaus. Die Träume der Sehnsucht erfüllten sich. Ich ließ die andern zurück und ging meinen eigenen Weg. Er war sonnig, steinig und weit. Nun sind Jahrzehnte dahingegangen und da rührte sich auf einmal das gegenteilige Wollen des Herzens, das zu seines Lebens Ursprung zurückverlangte. Dieser früher so wenig geliebte Erdenfleck verzauberte sich in ein Bild, gemalt in überirdischen Farbtönen.

Aus den dunklen und hellen Wolkengebilden fallen Strahlenbündel der Sonne auf die Dörfer und -
auf den roten Zwiebelturm der Pottendorfer Kirche. Mein Herz klopfte!
Als ich mich am Bergeshang niedergelassen hatte, musste ich meine Augen schließen, um dann immer wieder Neues, trunken von der Seligkeit des Schauens, aufzunehmen. Wie grüne Moospolster schmiegen sich die Anlagen des Schlossparkes heran an die Kirche und die Augen begleiten den Lauf der Fischa und der Leitha. Unendlich weit konnte der Blick schweifen bis an den Schneeberg und die
grünen Ausläufer der Alpen.

Das Dorf war wie ausgestorben. Eine feierliche Stille lag in den breiten Straßen. Gras und Blumen sind gestreut. Birkenreiser säumen den Weg, in manchen Fenstern brennen Kerzen. In der Kirche ist es ganz ruhig. Drei Weiblein beten ihren Rosenkranz und ich kann mir die altvertrauten Heiligenstatuen, die großen Altarbilder, das kunstvoll geschmiedete Gitter und die mildreich lächelnde Mutter Gottes am Gnadenaltar in Ergriffenheit ansehen. Später ließ ich die Prozession mit dem schön gestickten „Himmel“, unter dem das Allerheiligste getragen wurde, an mir vorbeiziehen. Ich erkannte die alten Fahnen und Lampen wieder. Es fehlten zwar die Veteranen und die Feuerwehr mit ihren Kapellen und der sonstige äußere Pomp, wie ich ihn erwartet hatte, aber auf allen Gesichtern lag dieselbe Andacht wie ehedem.

 

Autor

Der Chemiker Dr. Friedrich Sitte war Bruder des bereits mit 41 Jahren verstorbenen Historikers
Alfred Sitte, dessen historische Studien zu Schloss Pottendorf eine bedeutende Quelle darstellen.
Leider verlor Friedrich Sitte den Nachlass seines Bruders während der Kriegsereignisse im Frühjahr 1945 in Ratibor, Oberschlesien.
(Informationen aus dem Nachlass von Dr. Rudolf Hertzka)

Fotos: Fotobestand Schloss Betliar, Nachlass Pfarrer Josef Nittmann, Pfarrarchiv, Archiv Gernot Blümel

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Aus alt mach neu

"Um den Bauplatz für den neuen Pfarrhof von
Pottendorf (Kirchenplatz 4 - ehem. Verwalterhaus
und Schlosstaverne) ) freizumachen, wurden
im Jänner 1962 die letzten Mauerreste der früheren
Esterhazy-Besitze mit maschinellen Einsatz in
4 Tagen weggeräumt und der Platz geebnet.
Anfangs Februar 1962 fiel die Entscheidung über
die Vergebung des Pfarrhof-Neubaues zugunsten
des Baumeisters Rupert Dinhopl aus Wiener Neustadt.

Baubeginn am neuen Pfarrhof: Am 5. März
wurde in Gottes Namen begonnen, die Baugrube
für das Pfarr-Wohnhaus auszuheben. Wie befürchtet,
hat das Grundstück einen hohen Grundwasserspiegel.
Schon bei 1,60 – 1,80 Tiefe zeigte sich
das Wasser. Am 12. März kamen die ersten
Mauerer und Hilfsarbeiter. Es wurden die
Grundmauern angelegt. In der großen Baugrube
stand das Wasser ca. 40 cm hoch,
eine Pumpe beförderte das Grundwasser aus
der Grube, mit Feuerwehrschläuchen leiteten
wir das Wasser in den Garten, später bis in
die Fischa im Schlosspark."

Text: Pfarrer Josef Nittmann (Pfarrchronik)
Fotos: Nachlass Pfarrer Josef Nittmann (Pfarrarchiv)

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Der Himmel

"Löbliche Direction
der K. K. Pottendorfer Baumwollspinnerei
in Wien

Um dem Allerheiligsten Gott, unserem höchsten
Beschützer und Beschirmer ein wohlgefälliges Opfer
unserer Dankbarkeit und Verehrung im Sinne unserer
heiligen Religion zu bringen, haben die hiesigen
Fabriksarbeiter dahin ihren Sinn gerichtet, zur Verherrlichung
der Fronleichnams-Prozession, einer so hohen kirchlichen
Feier, sich der Anschaffung eines Traghimmels
zur Beschützung des hochwürdigsten Gutes in der Art
zu beteiligen, dass die nach Maßgabe der Möglichkeit
beizusteuernden Beträge des Fabriks-Personats an den
hiesigen hochwürdigen Herrn Pfarrer mit der Bitte abzugeben,
diese Beischaffung in beliebiger und würdiger
Weise bis zu jenem Tage ausführen zu wollen, umhin
durch auch den christlichen Sinn nicht nur zu erhalten, sondern
durch die Erinnerung auf ihre Nachkommen fortzupflanzen,
oder in selben zu erwecken."

Text: Original in den Beständen des Pfarrarchives.

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Die Renovierungsplakette

"Das Jahr 1908, das Jahr des 60. Regierungsjahres Sr. Majestät
Kaiser Franz Josef I., das goldene Priesterjubiläum Sr. Heiligkeit
Papst Pius X., das 270. der öffentlichen Verehrung des Maria Hilf
Bildes brachte die Restaurierung des Presbyteriums und des Hochaltars.

Am Festtage Maria Geburt konnte nach vollständiger Beendigung aller
Arbeiten die Restaurierung mit einem feierlichen Dank-Amte u. Te Deum
nach vorausgegangener Predigt beschlossen werden. Die Beteiligung an
dem Festgottesdienste war eine große. Auch alle an der Arbeit beteiligten
Firmen sandten ihre Vertretung. Ein großes Stück Arbeit ist unter
dem Segen des Himmels vollendet, es bleibt wohl noch eine größere für
die Zukunft vorbehalten, doch Gott sei gedankt für den gewiss schönen Anfang."

Text: Pfarrer Ludwig Petschner (Pfarrchronik)

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Gemeinsam sind wir Identität

Die Webseite steht erst am Beginn und wird laufend erweitert. Viele, viele Geschichten zu den unterschiedlichsten Themen werden zeitnah hier veröffentlicht. Wir wollen unsere Großgemeinde erlebbar machen. Wenn du Lust hast, kannst du mitmachen. Vielleicht hast du ja Bilder von unserem Heimatort, die du uns kurzfristig leihen kannst. Wir digitalisieren diese nach dem neuesten Stand der Technik. Du bekommst natürlich deine Bilder wieder retour. Dein Einverständnis vorausgesetzt, veröffentlichen wir diese - unter Einhaltung deiner Urheberrechte - in der Bilddatenbank dieser Webseite und geben somit einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich an der Vielfalt unseres Heimatortes zu erfreuen.

Oder vielleicht weißt du die eine oder andere Geschichte über einen unserer Ortsteile, eine Begebenheit, eine Persönlichkeit oder ein Erleignis, das du mit uns teilen möchtest. Wenn du es selbst nicht aufschreiben magst, erzähle es uns einfach und wir bringen es zu Papier.

Wir freuen uns jedenfalls, wenn du dich aktiv in unser Ortsgeschehen einbringst.