Von Patenten zu Patienten
Eigentlich war Georg - wie auch seine Frau Mary, geb. Pichelmayer - Schauspieler. Während ihrer Wanderjahre gestalteten die beiden literarische Vortragsabende im In- und Ausland.
Die unbändige Kreativität in Erfindergeist umzusetzen begann Georg Mücke um 1900 in Wien. Seinen Wohnsitz verlegte er 1913, als er die „Wassler-Villa“ in der heutigen Bahnstraße 26 von der Apothekerkammer kaufte.
Sämtliche Maschinen wie Stanz-, Dreh-, Bohr-, Biege- und Bördelmaschinen wurden von einem einzigen, riesigen Elektromotor via Transmission angetrieben. Mit Lederriemen wurden die Geräte durch die drehende Stahlwelle und den daraufsitzenden Rädern in Bewegung versetzt. Im Brockhaus von 1855 - du weißt schon, das war der Vorgänger von Google - wurde die eine Transmission so beschrieben: „… Die Aufgabe des Treibenden Zeugs ist, eine Bewegung auf größere oder geringere Entfernung mit angemessen modificirter Richtung und Geschwindigkeit fortzupflanzen; es gehört daher dasselbe zu den wichtigsten Gegenständen des Maschinenbaus.“. Jedenfalls waren Mückes Werkstätten modern ausgestattet und so konnten die benötigten Einzelteile für die Brutapparate in großen Stückzahlen und vor allem in einem hohen Tempo hergestellt werden. Und weil das Georg Mückes Kreativdrang immer noch nicht zur Gänze befriedigte, baute er Kükensonnen, ließ diese patentieren und bewarb sie wie folgt in seinen Prospekten:
„Der Wert der neuen Glucke - gemeint war die Kükensonne - liegt in der glücklichen Kombination der Elemente. Die Form des wärmeisolierenden Schirms in Verbindung mit der Lampe bezw. Heizkörper sammelt warme Luft unter sich, während die Lampe die Basis des Kegels direkt durch die Reflexion bestrahlt, so daß die Laufebene der Kücken angenehm durchwärmt wird. Aber auch die Feuchtigkeit wird vom Schirm aufgefangen und gesammelt, so daß trockene, stechende Ofenwärme nicht auftritt. Ein weiteres Kombinationselement ist der Lichtschein, der den Lockruf der Henne ersetzt. Jedwede Bedienung einer sonst üblichen Feuerung entfällt, wie auch Ruß und Asche und ferner jede Feuersgefahr. Der Preis ist der billigste, der heute in der Welt für elektrische Schirmglucken verlangt wird, wobei außerdem auf den geringen Wattverbrauch verwiesen werden muß, der diese Glucke im Verhältnis zu anderen rasch amortisiert.“. Neben dem Hinweis auf die Energieeffizienz, waren im Werbeprospekt Zeichnungen abgedruckt, die den richtigen Gebrauch der Kükensonne darstellten.
Die Brutapparate wurden in unterschiedlichen Größen hergestellt, wobei die Größe sich eher auf die Leistung des Apparates bezog, als auf die Bemaßung. So wurden Brüter mit einer Kapazität von 624, 1248, 2080 und sagenhaften 5040 Eiern erzeugt.In riesig große Holzkisten verpackt, wurden sie in viele Länder der Welt geliefert. Aus Frankreich, Holland Jugoslawien, Ungarn, Deutschland, Schweiz, Amerika usw. trudelten in der Folge Briefe von zufriedenen Kunden in der Pallischgasse ein.
Natürlich wurden nicht alle Brutapparate verkauft. Georg Mücke stellte auf dem Firmenareal ein paar seiner Erzeugnisse auf und gründete die „erste Motorbrüterei“. In der Blüte der Produktion arbeiteten über 60 Personen am Bau der Brutapparate, in der Brüterei und in der Verwaltung.
Der Unternehmer hatte vier Söhne, die sein Lebenswerk weiterführen sollten. Georg wurde im 1. Weltkrieg mit seinem Flugzeug abgeschossen, Sohn Friedrich errichtete in Krems eine Mücke-Dependance, Johannes verschlug es nach Bruck/Leitha und Max übernahm in der Folge das Pottendorfer Unternehmen. Und weil Tradition in Unternehmerfamilien groß geschrieben wurde, trat Max Mückes ältester Sohn Hellmut, in die Fußstapfen seines Vaters.
Im Laufe der Zeit ging das Geschäft mit der Brüterei immer mehr zurück und es war an der Zeit, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Aus der Geschäftsauflösung von Bastelwaren Kuchler erwarben Hellmut Mücke und seine Gattin einen Teil der Ware und der Geschäftsausstattungadaptierten die Räumlichkeiten Richtung Pallischgasse und boten neben Bastelwaren auch Holzzuschnitte, Farben und Leihgeräte an. Der Handel mit Reifen, das Umstecken im Sommer und Winter und das einhergehende Lagern rundeten das Angebot ab.
Nachdem die „Mückes“ sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet hatten, übernahm Ingo Wicha - der bis dahin am Marktplatz ein kleines Geschäft führte - einen Teil der Bastelwaren und ergänzte es mit seinen Produkten, bot Töpferkurse für Kinder und Erwachsene an und erweiterte immer wieder sein Angebot.
Dort, wo Herr Kollruss - der Tischler der Firma Mücke - in vergangenen Tagen die Span- und Leimholzplatten zuschnitt, richtete Malermeister Andreas Pulz sein Farbenlager und seine Malerwerkstätte ein. Lange Zeit zierte die kunstvoll gestaltete Fassade seines Bereichs die Pallischgasse, eher er die Halle in der Bahnstraße erwarb und dorthin übersiedelte.
Zwischenzeitlich räumte die mittlere Tochter von Hellmut gemeinsam mit ihrem Mann - also mir - die ehemalige Schlosserei aus, um mit ihrem Werbe- und Beschriftungsunternehmen zu expandieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die blümel@blümel Ges.n.b.R. das Büro in der Siedlerstraße 17.
Kurz darauf wurde der gesamte Betrieb in die Pallischgasse übersiedelt. Neben Werbung und Beschriftung organisierten Eva und Gernot Blümel zahlreiche Veranstaltungen in ganz Österreich. In Pottendorf und Umgebung waren es 12 Mal die Filmnacht, Musical-Shows, Konzerte, drei Weihnachtsmärkte, zwei Oldtimerrallies, zahlreiche Geschäftseröffnungen und Feiern, Wirtschaftsmessen...
In den Geschäftsräumen von Ingo´s Werkstatt eröffnete Roman Rust am 4. März 2016 seinen Elektrofachmarkt an einem neuen Standort und wurde zugleich RedZac Partner. Zuvor hatte er sein Geschäftslokal drei Jahre lang in der Hartlgasse. Im Dezember 2019 meldete Roman Rust die Insolvenz an.
2010 eröffnete Dr. Barbara Rückert-Mücke und ihr Mann Oliver eine Wahlarztordination, um das gesamte Spektrum der modernen Schulmedizin anzubieten. Barbara Rückert-Mücke, die Urenkelin des Firmengründers - bietet auch heute noch Akupunktur (TCM), ästhetische Akupunktur, westliche Kräuterheilkunde und Ernährungsmedizin an.